„Lass dich anstecken. Werde glücklich.“
Werbung: Rezensionsexempar
All Better Now
von Neal Shusterman, 2025, 574 Seiten
Eine Pandemie ist ausgebrochen. Schon wieder. Nachdem die Menschheit Corona endlich überwunden hatte, sieht sie sich kurze Zeit später mit einem neuen Virus konfrontiert: Crown Royal. Doch dieser Virus ist besonders. Alle, die ihn überleben, werden glücklich. Geld und Macht sind für sie nicht mehr von Bedeutung. Sie widmen sich und ihr Leben dem großen Ganzen und der gegenseitigen Fürsorge. Das stößt gerade bei dem wohlhabenen und mächtigen Teil der Bevölkerung auf Unverständnis und Ablehnung. Für sie zählt nur noch eines: ein Impfstoff muss her. Schnell.
Mariel lebt mit ihrer Mutter in einem Auto und überlebt von Tag zu Tag. Rón ist der Sohn eines der reichsten Männer der Welt und tief unglücklich. Und dann ist da noch Morgan, die gelernt hat, ihre vielen Fähigkeiten kalkuliert einzusetzen, um ihre Ziele zu erreichen. Alle drei sehen sich nach Ausbruch von Crown Royal mit einem Virus konfrontiert, der die Menschen zwar krank macht und ihre Persönlichkeit verändert, doch sollten sie genesen, inneren Frieden und Glück schenkt. Was bedeutet das für sie und die Welt, in der sie leben? Ist das Virus der Untergang der Menschheit oder der Anfang einer neuen Zeit?
Shusterman hat einen eingängigen, gut verständlichen Schreibstil, der ohne lange Schachtelsätze auskommt und der in der Übersetzung von Andreas Helweg problemlos wegzulesen ist. Perfekt für ein Jugendbuch. So konnte ich auch ganz in die Handlung eintauchen.
Mariel, Rón und Morgan sind sehr unterschiedliche Charaktere, deren Geschichten verschiedene Sichtweisen auf diese ungewöhnliche Pandemie ermöglichen. Ich mochte eigentlich alle Charaktere gerne, auch wenn sie teilweise sehr klischeehaft sind. Morgan finde ich persönlich am spannensten, weil sie als eigensinniger, manchmal sogar skrupeloser Charakter einige interessante Szenen hat und viel Potenzial für Wandel mitbringt. Mariel dagegen fand ich zu Beginn etwas langweiliger. Vielleicht lag es daran, weil ich kurz vorher sowohl „22 Bahnen“ von Caroline Wahl beendete als auch noch einmal den ersten Teil von „Hunger Games“ sah. Diese Mutter-Tochter-Konstellationen sind hier alle sehr ähnlich und daher nicht mehr ganz so spannend für mich. Doch später nimmt auch sie eine interessante Rolle ein.
Doch der spannenste „Protagonist“ dieses Buches ist natürlich das ungewöhnliche Virus, welches zu philosophischen Gedankenspielen einlädt. Eine Welt, in der alle glücklich sind: Kann das funktionieren? Reichen gute Gedanken und gute Absichten aus, um gute Ergebnisse zu erziehlen? Oder führt das die Menschen in eine Katastrophe – wie Oscar Wilde sagen würde: „Good intentions have been the ruin of the world.“ Und vor allem: Würde jemand eine schwere Krankheit oder gar den Tod riskieren, wenn am Ende das emotionale Paradies wartet? Das Buch gibt verschiedene Antworten aus unterschiedlichen Perspektiven, von denen viele nachvollziehbar sind und gleichzeitig menschliche Abgründe aufzeigt. Dabei springt die Geschichte auch von den Hauptfiguren weg in andere Länder und ergänzt sie so um kleine Nebenschauplätze. Ein paar Längen ließen sich jedoch leider nicht vermeiden, jedoch führt die Story zu einem spannenden Finale – zumindest vorerst. Denn der zweite Band wurde bereits für Herbst 2027 angekündigt.
Auch wenn ich selten Bücher mit fast 600 Seiten lese, empfand ich „All Better Now“ als sehr kurzweilig. Sowohl Handlung als auch die Idee waren ungewöhnlich und spannend. An einigen Stellen hätte ich mehr Tiefe für die Charaktere gewünscht, die doch schnell in ihre Klischee-Rollen schlüpfen. Und auch nicht jede Entscheidung ist immer nachvollziehbar, sondern dient teilweise nur der Verknüpfung von Handlungssträngen. Trotzdem ist „All Better Now“ ein tolles Zusammenspiel aus Utopie und Dystopie, die ich so noch nie gelesen habe.


[…] Zur Rezension […]